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Abschnitt 3.1.5. Seite 1
3.1.5. Zum Innenleben des Bankensystems
Wir betrachten jetzt wieder die Grafik 33 . Wir geben einige Erläuterungen zur Spalte ganz rechts in der Skizze. Dort wird das „Innenverhältnis zwischen Instituten des Finanzsektors" behandelt, beschränkt auf das Bankensystem. Wertpapierbörsen, Terminbörsen, Versicherungen, Fonds (wie Aktien-, Investment- oder Hedgefonds), die auch zum Finanzsektor gehören, bleiben in der Grafik unberücksichtigt. Zu diesem Fragenkomplex werden am Ende dieses Kapitels noch einige Anmerkungen gemacht.
Innerhalb des Bankensystems wird zwischen 2 Ebenen unterschieden, dem Zentralbank-System einerseits, dem Geschäftsbanken-System andererseits. Für die Durchführung von Finanzdienstleistungen, also für ihr Kerngeschäft, benötigen die Geschäftsbanken ausreichend Liquidität. Die wichtigste Art von Liquidität, ihre primäre Liquidität, sind die kurzfristigen Guthaben der Geschäftsbanken bei der Zentralbank, oder anders formuliert, ihre Sichtforderungen ( =Sichtguthaben ) an das Zentralbank-System.
Zentralbankguthaben benötigen die Geschäftsbanken insbesondere, um Kredite nach außerhalb des Finanzsektors, an „Nichtbanken", vergeben zu können. Bei diesen Zentralbankguthaben, auch „Zentralbankgeld" genannt, gibt es 2 Formen:
- einmal handelt es sich um die bei den Geschäftsbanken geparkten Bestände an Bargeld, also von Banknoten und Münzen. Man spricht auch von der „Barreserve" der Geschäftsbanken.
- andererseits sind es die in den Aufzeichnungen ihrer Buchhaltung stehenden Sichtguthaben der Geschäftsbanken bei der Zentralbank. In der Buchhaltung der Geschäftsbanken stehen diese Guthaben also als Sichtforderungen an die Zentralbank, bei der ZB selbst stehen dieselben Beträge in ihrer eigenen Buchhaltung als Sichtverbindlichkeiten gegenüber den Geschäftsbanken.
Grundsätzlich sind kurzfristige Zentralbankguthaben jederzeit bei der ZB abrufbar und können zwischen Geschäftsbanken gehandelt, also auf Zeit verliehen oder im Austausch gegen Forderungstitel, wie etwa kurzfristige Schuldverschreibungen der ZB, weiter gegeben werden. Eine Einschränkung für die kurzfristige Beweglichkeit der ZB-Sichtguthaben, also von ZB-Geld, bilden allerdings die „Mindestreserven". Bei ihnen handelt sich um ein Instrument der Zentralbank, das Geschäftsbanken verpflichtet, einen Teil ihrer liquiden Mittel, u.a. abhängig von den eigenen Verbindlichkeiten gegenüber „Nichtbanken" (durch deren Einlagen), bei der Zentralbank für einen bestimmten Zeitraum zinslos anzulegen. Auf diese Weise steuert die ZB durch Variation der Höhe und weiterer Details der Mindestreserveverpflichtungen die Liquidität der Geschäftsbanken. Dadurch wird dann auch deren Fähigkeit begrenzt, Kredite an Nichtbanken zu vergeben. Auf diese Weise kann die Zentralbank die Geldversorgung der Volkswirtschaft insgesamt beeinflussen.
Der Handel mit „Zentralbankgeld", sei es jeweils zwischen einer Geschäftsbank und der Zentralbank oder zwischen Geschäftsbanken läuft auf einem speziellen Markt ab, den man „Inter-Banken-Geldmarkt" nennen kann, der aber hier ebenso wie im üblichen Sprachgebrauch nur „Geldmarkt" genannt werden soll. Wie bei jeder Kreditvergabe fallen auch hier entsprechende Zinsen an, die von den Geldnehmern an die Geldgeber beim Handel mit ZB-Geld gezahlt werden müssen. Es entsteht so beim Handel mit Primärliquidität zwischen Banken eine vom Marktgeschehen auf dem Geldmarkt abhängige sich im Zeitablauf verändernde Zinsstruktur.
Die ZB kann die Zinsstruktur durch eigene autonome Zinssetzungen gegenüber ihren Handelspartnern, so durch den Diskontsatz und den Lombardsatz, beeinflussen. Sie verändert so die Kosten für die Banken, sich zusätzliches Zentralbankgeld, primäre Liquidität bei der ZB zu beschaffen. Auf diese Weise beeinflußt die ZB mit Hilfe ihrer Zinspolitik ebenso wie durch ihre Mindestreservepolitik indirekt die Geldversorgung einer Volkswirtschaft. (Zur näheren Beschäftigung mit diesem Themenkreis könnte das Buch von "H.-J. Jarchow: Theorie und Politik des Geldes" hilfreich sein, ebenso wie eine Vielzahl anderer Publikationen)
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